Strom vom Drachen

Industriedesign? Oder Ingenieurwesen? Was bloß studieren? Merlin Bungart ist genauso technik- wie designaffin, seine Mutter ist Künstlerin. Die Wahl fällt ihm nicht leicht. Letztlich entscheidet er sich – für beides in einem, wie er sagt: Luft- und Raumfahrttechnik. „Formen und ihre Aerodynamik vereinen für mich Design und Technik. Denn Körper, die strömungsgünstig sind, haben für mich eine Ästhetik in sich.“

Merlin Bungart, Jahrgang 1983, schreibt seine Diplomarbeit darüber, wie sich Drachen im Wind verformen. Heute leitet er die Kiteentwicklung bei Skysails Power. Das Unternehmen baut Windkraftanlagen, die Strom aus Höhenwind gewinnen und dafür Drachen nutzen. In zweihundert bis vierhundert Metern Höhe bläst der Wind deutlich stärker und beständiger als in hundert Metern Höhe, wo sich konventionelle Windräder drehen. Diesen Vorteil macht sich Skysails Power zunutze.

Die Digitalisierung spielt für die Windkraftanlagen von Skysails Power im wahrsten Wortsinn eine tragende Rolle: Die Drachen fliegen autonom, sie landen autonom, und mit steigenden Anlagenzahlen und Flugzeiten sind auch genug Daten für ein automatisches Wartungsmanagement vorhanden. „Big Data, Industrie 4.0, Predictive Maintenance – dieser hohe Digitalisierungsgrad ermöglicht es uns überhaupt erst, eine prozesssichere Windkraftanlage zu betreiben“, sagt Merlin Bungart.

Aufgabe seines Teams ist es, den optimalen Drachen für die Energieausbeute zu entwickeln. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist die selbst programmierte Computersimulation, die eine Vielzahl von Kitevariationen täglich durchspielt. „Dafür brauchen wir enorme Rechenpower.“ Aus den Ergebnissen der Simulationen erarbeiten Designerinnen und Designer die Prototypen. Es dauert mehrere Wochen, bis die berechneten Drachen fertig sind. „Wenn wir durch Simulation nur zwei Prototypen jährlich sparen, hat es sich schon gelohnt.“ ◾

skysails-power.com